Ideen und Infos für Gewerbetreibende mit Kindern


Im Mittelpunkt der Workshops standen die Gewerbetreibenden mit Ihren Läden und Ihren Familien! Gefördert wurde diese Workshops des Projekts Netzwerk Florakiez: Ideen und Infos für Gewerbetreibende mit Kindern durch LSK-Mittel. LSK steht für Lokales Soziales Kapital und stellt eine Fördermöglichkeit des Europäischen Sozialfond und des Bezirklichen Bündnisses für Wirtschaft und Arbeit dar.

Im Florakiez bestehen viele Läden und Gewerbe und versuchen unter Aspekten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf „alles gut unter einen Hut zu bekommen“. Damit die „Macherinnen und Macher“ der Florastraße das noch besser schaffen können, wurde das Projekt Netzwerk Florakiez im Rahmen eines LSK-Projektes durchgeführt.

Die Initiatoren organisierten im Dialog mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern 10 Workshops zu unterschiedlichen Themen und Aspekten, die für die Gewerbe wichtig waren. Die Workshops fanden noch bis zum 31.12.2014 im Florakiez statt, waren kostenlos und behandelten unterschiedliche Aspekte rund um die Geschäfte, um die Vereinbarkeit von Familie und Gewerbe, um Selbstachtsamkeit, Werbung und Finanzen.

Das LSK-Projekt Netzwerk Florakiez fand in Kooperation mit dem Bezirksamt Pankow, mit dem Lokalen Bündnis für Familie Pankow und dem Pankower Verlag IN TOUCH statt und ist eine Idee von wortraum. Mehr Informationen dazu, finden Sie in den folgenden Artikeln in dieser Rubrik.

Was ist das Projekt Netzwerk Florakiez?


Was soll im Projekt Netzwerk Florakiez erreicht werden?
Im Netzwerk Florakiez soll die lokale Wirtschaft weiterentwickelt und gefördert werden. Dies soll durch die Qualifizierung und Vernetzung von Gewerbetreibenden erreicht werden, die im Kiez ihre Läden betreiben. Zielgruppe des Projektes sind vor allem Gewerbetreibende im Florakiez mit Familien, die unter Aspekten der Vereinbarkeit von Selbständigkeit und Familie im Netzwerk Florakiez miteinander in einen Austausch kommen. Das Ziel des Projektes besteht in einer besseren Vernetzung, Qualifizierung und nachhaltigen Beschäftigungsfähigkeit lokaler Gewerbetreibender mit Kindern bzw. Familien im Florakiez unter Aspekten der Vereinbarkeit von Familie und Selbständigkeit (Beruf). Im Kiez Florastraße ansässige Gewerbetreibende sollen an den Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten von Qualifizierung im Kontext der eigenen Beschäftigungsfähigkeit partizipieren. Dabei wurden Workshops von Fachleuten primär aus dem Kiez geplant, um das Netzwerk insgesamt zu stärken, und Ressourcen vor Ort zu nutzen.

Die Ziele und Anliegen im Überblick:

  • Qualifizierung und Vernetzung von Gewerbetreibenden mit Familien im Florakiez (Berlin – Pankow).
  • Sensibilisierung für das Thema Vereinbarkeit: Unternehmer/innen entwickeln Beispiele und Möglichkeiten
  • Bessere Vernetzung, Qualifizierung und Beschäftigungsfähigkeit der Gewerbetreibenden unter dem Aspekt der Vereinbarkeit von Gewerbe und Familie.
  • Darstellung von Beispielen und Erfahrungen im und über den Florakiez hinaus für die lokale Wirtschaft.

Was wurde bisher gemacht?
Um auf das Projekt Netzwerk Florakiez aufmerksam zu machen und entsprechende Teilnehmer/innen zu finden, führten wir zunächst mit den einzelnen Gewerbetreibenden im Florakiez Gespräche. Dabei wurde meist ein großes Interesse auf der einen Seite sichtbar, andererseits aber auch die Schwierigkeit von Vereinbarkeit von Gewerbe-Familie- und weiterer Termine deutlich. In den bisher stattgefundenen Workshops war es erstaunlich wie hoch der Bedarf und der Wille an einem Netzwerk im Florakiez sind.

  • Vorstellung des Projektes (Flyer siehe rechts) im persönlichen Gespräch mit Gewerbetreibenden mit Familien.
  •  Zusammenstellung von Workshop-Themen und Recherche nach geeigneten Dozent/Innen, vorzugsweise aus dem
  • Florakiez, um den Grad der Vernetzung zu erhöhen; Wissen aus dem Kiez für den Kiez.
  • Bedarfserhebung bei den Gewerbetreibenden mit Familie durch Fragebögen
  • Organisation und Dokumentation von bisher 6 der 10 Workshops
  • Organisation und Durchführung von moderierten Stammtischen in den Läden der Teilnehmer/innen
  • Interview zum Thema Achtsamkeit unter Gewerbetreibenden

Wer macht bisher mit?

  • Gewerbetreibende mit Familien, die mit ihrem Gewerbe im Florakiez ansässig sind, Männer wie auch Frauen
  • Dozenten/innen aus der Sozialen Arbeit, Beratung, Wissenschaft und Wirtschaft, teilweise im Kiez wohnhaft oder mit ihren Geschäften und Angeboten präsent
  • Kooperationspartner des Projektes: das Bezirksamt Pankow von Berlin, der IN TOUCH Verlag Berlin-Pankow, das Lokale Bündnis für Familie Pankow

Was war besonders/überraschend?
Trotz des hohen Interesses am Projekt, an den Workshops und an einer weiteren Vernetzung ist es den Projektteilnehmern/innen in der Summe bisher nicht möglich, an allen Veranstaltungen teilzunehmen. Der Spagat zwischen Gewerbe, Ladenöffnungszeiten und Familie ist groß! Insgesamt haben sich 17 Gewerbetreibende für die Teilnahme an dem Projekt registriert. Knapp die Hälfte nimmt an Workshops und/oder den moderierten Stammtischen teil, so gut es sich zeitlich einrichten lässt. Es kann bereits nach gut der Hälfte Projektzeitraumes festgehalten werden, dass die Zielgruppe des Projektes noch kleinteiligere Angebote braucht, um sie wahrnehmen, und Vereinbarkeit noch besser leben und nutzen zu können.

Teil-Ergebnisse des Projektes nach Ablauf von
2/3 des Projektzeitraumes, im Sinne von Ideen und
ersten Weiterentwicklungen sowie best practise

  • Eine Spätbetreuung für Kinder von Gewerbetreibenden im Kiez.
  • Ein Kiezkaufportal für und von Gewerbetreibenden im Florakiez.
  • Ein Labeling / Bonussystem für Familien, die im Kiez einkaufen gehen.

Nach Abschluss der Workshopreihe findet eine Podiumsdiskussion statt, in deren Rahmen die Ergebnisse des Projektes auch im Sinne einer Nachhaltigkeit mit Politik, Wirtschaft und Bürgern diskutiert werden sollen.

Stand: 5.11.2014/ag

Die Workshops im Netzwerk Florakiez


Im Folgenden haben wir eine Auswahl der bereits stattgefundenen Workshops und ihre Leiter/innen zusammengestellt. Die exemplarischen Beschreibungen und angeführten Beispiele wurden von den Workshopleiter/innen selbst verfasst, und auf die Möglichkeiten im Netzwerk abgestimmt. Die Ergebnisse der Workshop auch in Bezug auf Nutzen für Gewerbetreibende mit Familie und Nachhaltigkeit im Kiez werden gesondert dokumentiert und veröffentlicht.

Workshop: Netzwerkvorteile im Florakiez am Beispiel einer Spätbetreuung für Kinder von Selbständigen
In diesem Workshop werden Ideen und Umsetzungspläne für Netzwerkvorteile im Florakiez erarbeitet. Netzwerkvorteile liegen dann vor, wenn mehrere Personen ähnliche Herausforderungen haben und sie gemeinsam angehen. Während der Fragebogenphase des LSK-Projekts kam beispielsweise die Idee einer vernetzten Betreuung von Kindern auf, insbesondere zu den Zeiten, wo Läden noch offen aber Kitas bereits geschlossen haben. Der Workshop beginnt mit einer kurzen theoretischen Einführung zu Netzwerkvorteilen. Anschließend werden gemeinsame Herausforderungen gesammelt und Lösungsideen bewertet. Für zwei Lösungsideen werden abschließend Umsetzungspläne erstellt.
Dozent: Dr. Markus Burger
Doktor der Wirtschaftswissenschaften

Mail. markus.burger@slidewriting.com

 

Workshop: Coaching-, Weiterbildungs- und Marketingmöglichkeiten im Florakiez
Die Unternehmer/innen im Florakiez gehören in der Regel zur Gruppe der Einzelunternehmen. Das bedeutet, dass sich eine Person selbständig macht und alle organisatorischen Notwendigkeiten (Einkauf, Präsentation, Organisation der Abläufe, Verkauf) in einer Hand liegen. Wer ein Handelsgeschäft eröffnet, das geregelte Öffnungszeiten anbietet, der benötigt in erster Linie Unterstützung während der Öffnungszeiten durch Personal (Familie, Bekannte oder Fremde). Die bürokratischen Forderungen des Finanzamtes und diverser anderer Behörden sind dann oft mit einem zusätzlichen Zeitaufwand außerhalb der Öffnungszeiten verbunden. Viel Zeit drum herum bleibt dabei nicht. Die Meisten haben schließlich noch die Verpflichtungen wahrzunehmen, die ein geregeltes Familienleben mit sich bringt. Trotzdem gibt es wichtige Aspekte des Wirtschaftens, die ein/e Unternehmer/in wissen sollte. Dazu gehören in erster Linie Kenntnisse über Buchhaltung und Marketing. Aber auch das eigene Zeitmanagement und Personalführung können hilfreich sein und helfen seine eigenen Ressourcen (Geld und Zeit) sinnvoll zu verwenden. Der Zeiteinsatz in Weiterbildung in diesen Bereichen kann Ärger und vertane Zeit verhindern. Am besten merkt der/die Unternehmer/in während der eigenen Tätigkeit, wo Wissenslücken bestehen oder der Eindruck entsteht, dass die eigene Organisation besser funktionieren könnte. Gespräche in der Familie und im Bekanntenkreis können da ein erster Schritt sein. Gerade Betriebsfremde können mit dem gesunden Menschenverstand auf sehr gute und hilfreiche Ideen kommen. Es ist aber Vorsicht geboten, wenn Vorschläge aus einem („gefährlichen“) Halbwissen heraus gemacht werden. Hier ist der „unternehmerische Instinkt“ gefragt, der uns Selbständige davor beschützten sollte, nicht auf falsche Aussagen hereinzufallen. Ein Grund mehr, warum man ein Grundwissen über bestimmte Dinge besitzen sollte. Für die unternehmerische Fortbildung gibt es genügend Angebote für Fortbildungskurse. Sei es an der Volkshochschule oder IHK oder privaten Anbietern.
Dozent: Stefan Barthel
Unternehmensberater

Mail. info@allex-pankow.de
www.allex-pankow.de

 

Workshop: Social Justice und Diversity im Florakiez
Die Komplexität sozialer Ungerechtigkeiten, ein Verständnis für Verschiedenheit von Menschen und das Streben nach sozialer Gerechtigkeit bilden den Rahmen für das Konzept Social Justice und Diversity. Ausgehend von der Annahme, dass Menschen in einer Gesellschaft stets Diskriminierte und Diskriminierende zugleich sind, widmen sich die Übungen den Funktionsweisen von Ausgrenzung und ihren jeweiligen Verflechtungen mit anderen Diskriminierungsformen (Intersektionalität). Die Teilnehmenden lernen Diskriminierung auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen zu erkennen und reflektieren ihre eigene Biographie in Bezug auf erlebte Ausgrenzungen und eigene Privilegien. In einem weiteren Abschnitt widmet sich das Training auch jenen Ressourcen, die den Teilnehmenden in ihren eigenen gesellschaftlichen Wirkungsfeldern zur Verfügung stehen, um gegen bestehende Mechanismen der Diskriminierung vorzugehen. In dem für den Florakiez entwickelten Programm Social Justice und Diversity im Florakiez wird der Kiez selbst zum Untersuchungsobjekt: Als Experten/innen ihrer Umgebung lernen die Teilnehmenden Ausschluss erzeugende Barrieren im eigenen Kiez zu erkennen und entwickeln konkrete Handlungsoptionen für den Alltag.
Dozent: Max Czollek, Trainer
Mail. max.czollek@gmx.de
Dozent: Jonas Herms, Trainer
Mail. jonas.herms@posteo.de
www.social-justice.eu

 

Workshop: Selbständigkeit und Vereinbarkeit von Pflege von Angehörigen
Pflegebedürftigkeit kann plötzlich und unerwartet eintreten, in solchen Fällen bleibt oft kaum Zeit zur Planung, da die Bewältigung der ganz akuten Aufgaben alle verfügbaren Kräfte fordert. Der Workshop vermittelt einen Überblick über verschiedene Themenbereiche, die bei der Pflege von Angehörigen bedacht werden müssen.

Dazu gehören:

  • Leistungen der Pflegeversicherung und die zum Erhalt notwendigen Voraussetzungen
  • Leistungen des Sozialamtes im Rahmen von pflegerischer Versorgung und fehlender eigener finanzieller Mittel
  • Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Selbständigkeit und Pflege
  • Angebote zur Sicherstellung von Pflege im ambulanten und stationären Bereich
  • Informationen zu Betreuungen und Verfügungen

Dozentin: Katarina Prchal
Diplom–Rehabilitationspädagogin, Mitarbeiterin
im Projekt „Vereinbarkeitslotsen“ der Katholische Hochschule
für Sozialwesen Berlin, ISG – Institut für Soziale Gesundheit

 

Workshop: Mein Kind kommt in die Schule – wie geht das?
Wenn Ihr Kind z.B. im Jahr 2009 geboren worden ist, kommt es im Sommer 2015 in die Schule. In der Kita und an den Schulen hängen meist auch große Plakate, die die Schulanmeldungen ankündigen und beschreiben, was dafür zu tun ist.

Wie soll man sich aber für welche
Schule entscheiden?

Alle Berliner Grundschulen sind Ganztagsschulen. Diese unterscheiden sich aber in ihrer Ausführung: es gibt den offenen oder den gebundenen Ganztag. Auf jeden Fall sind alle Grundschulen in der Zeit von 7.30- 13.30 Uhr für die Bildung und Betreuung verlässlich da, im gebundenen Ganztag bis 16 Uhr. Alle Schulen haben ein Schulprofil entwickelt, das im Internet veröffentlicht ist. Das kann bei der Entscheidung für eine Schule hilfreich sein. Jede Kita und jede Grundschule ist aufgefordert, eine/n Übergangsverantwortliche/n zu benennen, die den Überblick über die Procedere haben. Grundsätzlich ist Ihrem Kind der Platz in der Schule in Ihrem Wohngebiet sicher. Die Wege sollen möglichst für das Kind allein zu bewältigen sein. Außerdem besteht so die Möglichkeit, dass Ihr Kind sich nach Schulschluss unkompliziert mit seinen Freunden treffen kann. Wenn Sie eine andere Schule in einem anderen Einzugsbereich wünschen, muss das entsprechend beantragt werden.

Zurückstellung
Auch wenn Sie Ihr Kind noch ein Jahr von der Schule zurückstellen lassen möchten, ist Ihr Kind bereits schulpflichtig. In diesem Jahr ist der Kita-Besuch verpflichtend.

Wie können Sie Ihr Kind gut auf die
Schule vorbereiten?

Ihr Kind muss nicht lesen, schreiben, rechnen oder verschiedene Sprachen sprechen können. Dafür ist die Schule da… Ihr Kind soll sich in Gruppen wohlfühlen, soll sich bei Freude und Frust äußern können, soll neugierig sein, sich selbständig an- und ausziehen können und möglichst einen geregelten Tages- und Schlafrhythmus haben, damit das regelmäßige Frühaufstehen nicht ganz so schwierig wird. Hilfreich dabei ist Vorlesen (Sprechentwicklung, Neugierde auf Schrift), viel Bewegung (fördert die Hirntätigkeit und Koordinationsfähigkeit), aber auch Aufgaben und Verantwortung an Ihr Kind abzugeben. Es gibt sehr viele Informationen zum Übergang von der Kita in die Schule, die zum Teil in den Kitas ausgegeben werden, die im Rahmen der Einschulungsuntersuchung vermittelt werden oder auch im Gespräch mit der künftigen Schule erfragt werden können. Trotzdem wird es viele Sachen geben, an die Sie im Vorfeld noch nicht denken oder die noch nicht ganz klar sind. Aber – Sie können Ihrem Kind vertrauen, dass es sich schnell in neuen Umfeldern zurechtfinden wird. Kinder sehen vieles viel unkomplizierter und können sich schnell auf neue Situationen einstellen. Sprechen Sie mit Eltern, deren Kinder bereits in der Schule sind, oder fragen Sie in den Schulen nach einem persönlichen Beratungsgespräch.

Kleine Linkliste zum Thema
(Disclaimer: Wir übernehmen keine Haftung
für die Inhalte der hier aufgeführten Links)

Die Seiten der Senatsverwaltung:
www.berlin.de/sen/bildung
www.berlin.de/sen/bildung/schulverzeichnis_und_portraets

Die Seiten der Bezirks-Elternausschüsse für Kita und Schule:
www.beak-pankow.de
www.bea-berlin-pankow.de

Beachten Sie bitte auch die Internetseiten der einzelnen Schulen, die mittlerweile fast alle eine eigene Internetpräsenz pflegen.
Dozentin: Katharina Vetter
Sozialpädagogin, Mediatorin, Moderatorin

„…achtsam und respektvoll mit meinem Gegenüber umzugeben.“


Im Interview zum Thema Achtsamkeit Wiebke Schleser, Teilnehmerin im Netzwerk Florakiez, Inhaberin der Kinderbuchhandlung „Buchsegler“. Die Unternehmerin ist Mutter von zwei Söhnen (6 & 15 Jahre) und Ehefrau.

Du bist selbständig, was bedeutet das für Dich?
Wiebke Schleser. „Selbst und Ständig zu sein! Es bedeutet Druck, Verantwortung zu 100% und ist für mich ein Prozess: er ist auf der einen Seite gut, es macht Spaß und funktioniert für mich. Auf der anderen Seite gibt es die Erwartungshaltung von Familie, Kunden und der Bank.“

Du hast eine Familie, wie sehen die Deine Selbständigkeit?
Wiebke Schleser. „Das ist schwierig. Manchmal fühle ich mich da zerrissen. Die Frage für mich war und ist immer wieder: sind die Kinder trotz meiner Selbständigkeit glücklich? Reicht es, wenn die Mutter oder die Eltern mit ihrer Arbeit glücklich sind, obwohl wenig Zeit bleibt, häufig die Dinge doch anders laufen als geplant? Nein, sind sie nicht. Ich bin froh, wenn ich es zweimal die Woche zum gemeinsamen Abendbrot schaffe. Mein Mann ist auch selbständig. Jeder kämpft hier für sich und wir müssen für die Familie vieles aushandeln. Als Paar kommen wir da oft zu kurz: z.B. wegfahren, das passiert nicht mehr „zufällig“, wir müssen es lange im Voraus planen. Die Spontanität fehlt mir hier sehr.“

Was bedeutet im Kontext der Selbständigkeit, des Aushandelns in der Familie und für Dich persönlich der Begriff der Achtsamkeit?
Wiebke Schleser. „Sie ist mir immer wichtiger geworden je älter ich geworden bin. Es gibt eine Phase, da ist Achtsamkeit ein ziemlich leeres Wort, weil man alles aufsaugt um einen herum, weniger bei sich ist. (Das ist für mich eine Form der Achtsamkeit „drum herum“). Was mir wichtig ist – hat was mit mir zu tun, mit meiner Achtsamkeit, mit den Menschen, die was mit mir zu tun haben: meine Familie, dann meine Freunde und natürlich meine Kunden. Ich möchte gerne in einer Gemeinschaft wohnen und leben. Es bedeutet für mich, achtsam und respektvoll mit meinem Gegenüber umzugehen. Ich wünsche mir, sich auf Augenhöhe zu begegnen; auch nach Gesprächen oder Fragen die unbequem sind, miteinander im Gespräch zu bleiben, wenn man sich das nächste Mal wieder sieht.“

Wie kann Achtsamkeit im Kontext von Gewerbetreibenden funktionieren? Was tun die denn, wenn sie achtsam miteinander umgehen, obwohl sie unterschiedliche Produkte verkaufen?
Wiebke Schleser. „Man grüßt sich zumindest. Das ist wie, wenn Leute in deinen Laden kommen, man sagt Hallo und Auf Wiedersehen. Das tun aber viele gar nicht, es ist nicht selbstverständlich. Unter uns Geschäftsleuten gehört es für mich dazu, sich zu grüßen, oder auch mal zu fragen, wie es dem anderen geht. Ich wünsche mir, dass wir es schaffen, offen miteinander zu sein soweit es möglich ist. Damit meine ich nicht, Geschäftsgeheimnisse preis zu geben, das geht natürlich nicht. Aber das man ein gewisses Fair Play miteinander spielt. Bei sich und seinen Geschäftsideen bleiben, den anderen „sein lassen“ können, auch wenn es bei mir vielleicht gerade nicht so gut läuft. In der Vielfalt machen wir den Kiez aus. Darüber hinaus sind es die inhabergeführten Läden, die Atmosphäre schaffen, Nähe und Kiezfeste und mehr organisieren – da müssen so viele Freigeister (Inhaber) unter einen Hut gebracht werden, das ist nicht immer leicht, aber Ziel.“

Ist es möglich das Achtsamkeit gegenüber anderen dann am besten funktionieren kann, wenn man es schafft vor allem sich selbst gegenüber achtsam zu sein?
Wiebke Schleser. „Ja! Wie kann Selbstachtsamkeit aussehen? Wiebke Schleser. Keine Selbstausbeutung! Das ist nicht leicht. Ich habe oft eine 50 bis 60 Stunden/Woche, mit allem was vor und nach Ladenöffnung getan werden muss. Da bedeutet Achtsamkeit mir selbst gegenüber, eine Tagesstruktur zu haben. Ich laufe mir z.B. „den Kopf frei“ und reflektiere für mich, was ich hier mache und tue, was im Laden passiert, was die Leute (Freunde, Familie, Bekannte) sich wünschen. Was macht das mit mir? Was kann ich da für mich tun? Und welche Informationen sind wichtig? Wie kann ich es umsetzen. Auch, wenn das, was ich wahrnehme nur Bruchteile eines Ganzen sind und sein können. Es bedeutet für mich – gesund zu bleiben, mental wie körperlich und auch dafür etwas zu tun. Offen zu sein für Interaktion mit anderen über das eigene Geschäft hinaus.“

Was bedeutet für Dich Achtsamkeit einer Gewerbetreibenden bezogen auf die Familie? Bezogen auch darauf, dass Deine Buchhandlung prämiert und über die Bezirksgrenzen hinaus bekannt ist?
Wiebke Schleser. „Ich wünsche mir, dass die Jungs trotz der wenigen gemeinsamen Zeit, das Gefühl haben – ein zu Hause zu haben, gesehen und geliebt zu werden.“

Lesen Deine Kinder gerne?
Wiebke Schleser. „Der Große liest so lala, immer in Schüben. Er liest einfach anders, als ich, nutzt die Vielfalt an Medien und holt sich von überall seine Informationen. Er liest Zeitung im Internet. Und der Kleine, das werden wir sehen. Er ist auf jeden Fall ein großartiger Zuhörer und lässt sich gerne vorlesen. Er lernt gerade lesen.“

Kommen wir nochmal zurück zur Achtsamkeit: Was braucht denn der Florakiez? Was brauchen die familiengeführten Läden hier im Kiez in Bezug auf Achtsamkeit?
Wiebke Schleser. „Das ist echt schwierig. Für mich wird klar, dass z.B. die Workshops im LSK-Projekt, die wir wollten und gut finden, wir können sie gar nicht so nutzen wie geplant. Es sind einfach noch wieder zusätzliche Termine. Daher kommen auch nicht alle zu allen Terminen, obwohl es so wichtig wäre, regelmäßig rauszukommen und in den Austausch mit anderen Gewerbetreibenden zu gehen. Einen einfacheren Umgang mit Behörden fände ich hilfreich.“

Das finde ich interessant: Ich habe nach dem Kiez gefragt und Du landest bei Dir! Das ist wichtig. Die Leute mit ihren Läden sind vielleicht doch mehr darauf angewiesen, bei sich zu landen, zu bleiben und zu sein, weil sie die Verantwortung für sich selbst tragen müssen. Sie müssen Entscheidungen treffen. Wäre es vielleicht eine gute Sache, die Leute in den Läden erstmal dazu aufzufordern, nur auf sich zu achten, ehe sie auf andere achten?

Wiebke Schleser. „Genau, da wollte ich hin! Das war nur die Einleitung. D.h., dass tue ich für mich und damit geht es mir gut. Dann kann ich mit den anderen, den auch sein lassen. Wenn es mir nicht gut geht, weil z.B. der nächste Buchladen in der Gegend aufmacht, dann kann ich den anderen
vielleicht auch nicht gut sein lassen. Weil das Gefühl da ist, ich muss „den Kuchen“ mit noch mehr Leuten teilen.“

Das ist so wie „Leben und leben lassen?“
Wiebke Schleser. „Ja!“

Der Kiez boomt. Es kommen viele Menschen neu in den Kiez. Neue Familien. Kaufen die alle hier ein? Sind das „Kiezkäufer“?
Wiebke Schleser. „Ich weiß, dass viele erst einmal „schön wohnen wollen“. Ich weiß nicht, ob sie alle hier einkaufen, es wollen und werden. Wir würden uns freuen, denn nur so bleibt es so vielfältig.“

Vielleicht müssen die Immobilienfirmen, die neue Wohnungen vermieten und verkaufen die Gewerbetreibenden mit unterstützen, damit das schöne und reichhaltige Umfeld der neuen Wohnungen auch erhalten bleibt?
Wiebke Schleser. „Das stimmt, aber ich glaube, so funktioniert das nicht. Ich habe z.B. eine ganz tolle Vermieterin. Wir haben ein gutes Verhältnis miteinander. Ich glaube aber nicht, dass ich erwarten kann, dass jemand der neue Wohnungen verkauft mich unterstützen würde, damit der Buchsegler in der Nachbarschaft auch weiterhin existiert. Da habe ich keinen Anspruch drauf.“

Einen Anspruch hast Du nicht, aber im Rahmen von Achtsamkeit wäre es nicht gut?
Wiebke Schleser. „Ja, klar. Doch das hätte wohl parallel zum Bau der vielen Häuser und Wohnungen wachsen müssen. Im Nachgang kann man so etwas kaum installieren. Zum anderen sind die meisten Läden in der Florastraße ja schon vorher dagewesene und haben den Kiez ansprechender gemacht. Aber jeder soll da einkaufen gehen, wo er sich wohlfühlt. Das ist meins. Und das meine ich auch so.“

Wirst Du in 5 Jahren hier noch stehen?
Wiebke Schleser. „Gute Frage. Ich habe Lust darauf. Die Frage ist, wie sich der Kiez weiter entwickeln wird. Mein Laden ist ein Ort. Es wäre schade, wenn es diesen irgendwann nicht mehr gäbe. Zur Eröffnung habe ich gesagt, ich brauche 3 bis 5 Jahre, dann kann man darüber reden, ob es weiter gehen kann. Jetzt sind 5 Jahre rum. Ich will weitermachen und mich nicht ausruhen. Wir werden das
10-jährige feiern!“

Vielen Dank für dieses Interview und Dir alles Gute!

Das Interview führte Andreas Gerts,
Netzwerk Florakiez, _wortraum_

Florakiez – ein Ort der Entfaltung


Wunderschöne Bürgerhäuser kombiniert mit stilvollen Neubauten, bunte Ballons an Kindercafés, schmuckvolle Schaufenster und viele kleine grüne Inseln, das macht die Florastraße im Herzen von Pankow aus. Die einst wichtige Verbindungsstraße zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil Pankows zählt heute zu den wohl angesagtesten Wohngegenden im Bezirk.

Wo heute vor allem junge Familien ein neues Zuhause gefunden haben, blühten einst viele Blumen, Ziergewächse und Pflanzen – denn die Florastraße verdankt ihren Namen ihrer Lage in der Vergangenheit. Früher führte sie an üppigen Blumenfeldern und Gärtnereien vorbei. Das ist zwar Geschichte, aber das Leben hier steht immer noch in voller Blüte. In den vergangenen Jahren wurden viele der wunderschönen Altbauten stilvoll saniert und neue Wohnanlagen sind entstanden.

Direkt am S- und U-Bahnhof Pankow und an verschiedenen Tram- und Buslinien gelegen, ist die Florastraße ein idealer Ort zum Leben. Die Fahrt in die Innenstadt dauert genauso lange, wie die Tour ins grüne Umland. Und der Florakiez hat noch mehr zu bieten: Einkaufsmöglichkeiten, Cafés und Bars, Restaurants und Kneipen, allerhand kleine Läden zum Stöbern, Fahrräder und Bekleidung für Groß und Klein. Dazu kommen interessante Handwerksbetriebe und viel, viel Grün. Und wenn die Tiefbauarbeiten und der Flughafen BER doch einmal fertig sein werden, wird es deutlich ruhiger.

Doch nicht nur die Lage und Infrastruktur machen den Florakiez so besonders, sondern es ist vielmehr das Flair. Ob zugezogen oder alteingesessen, junge Familie oder Rentner, die bunte Mischung der Bewohner und Gewerbetreibenden sowie der familiäre Charme tragen zum fröhlichen Zusammenleben und der Verbundenheit untereinander in der Florastraße bei. Hier hilft man sich und engagiert sich für gemeinsame Ideen und Projekte. Ein gutes Beispiel für dieses Miteinander ist das alljährliche, inzwischen zur Tradition gewordene Florakiez-Fest.